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Am 4. Oktober 2006 hat Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler dem Kölner Künstler Gunter Demnig in der Orangerie des Schlosses Berlin-Charlottenburg den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. | ||||||||||||||
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Der Begründungstext: |
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Seit Mitte der 1980er Jahre
nutzt er künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten, um die Aufmerksamkeit
der Betrachter auf geschichtliche und aktuelle politische Ereignisse zu
lenken und dadurch zum Nachdenken zu veranlassen. Sein erstes großes
Projekt – „Duftmarken Cassel-Paris“ – sollte ihn 1980 von Kassel nach
Paris führen. Nachdem er auf einem 21 Tage langen Fußmarsch auf dieser
Strecke eine Kreidespur gezogen hatte, wurde er kurz vor Paris
festgenommen. 1981 malte er mit roter Farbe – als „Blutsurrogat“ und
Symbol für Leben und Tod – eine Spur von Kassel bis zur Tate-Gallery in
London auf die Straße. 1982 lief er im Rahmen seines Projekts „Ariadnefaden“ von Kassel als „Dokumenta-Stadt“ zur Biennale-Stadt Venedig; auf seinem 35-tägigen Fußmarsch spulte er einen roten Faden ab, den er in 25 Knäueln im Rucksack trug; ein Knäuel war 40 km lang und 1 kg schwer. 1990 zog Herr Demnig mit einem Laufrad von Köln-Bickendorf nach Köln-Deutz; auf der gesamten Strecke zog er einen „Strich gegen das Vergessen“, eine Lackspur mit der Aufschrift: „Mai 1940: 1000 Roma und Sinti“; diese Spur markierte den Weg, auf dem 1940 über 1000 Sinti und Roma von den Nationalsozialisten vom Lager Köln-Bickendorf zum Bahnhof Deutz getrieben wurden, um von dort aus nach Auschwitz deportiert zu werden. Als Reaktion auf dieses eindringliche Signal gegen Vergessen und Verdrängen ließ der Rat der Stadt Köln im Anschluss an dieses Projekt zwanzig Gedenktafeln mit dem gleichen Text auf dieser Strecke im Boden verankern. |
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Ein weiteres Projekt
von Herrn Demnig ist die Aktion „Stolpersteine“ – sein bisher
bedeutendstes und zugleich umstrittenstes Werk. Für diese Aktion
recherchiert Herr Demnig in Zusammenarbeit mit Museen, Archiven, Schulen
sowie bei Angehörigen und Hinterbliebenen die Daten von Menschen, die
während des „Dritten Reiches“ verfolgt und deportiert wurden. Sind die
Daten ermittelt, fertigt Herr Demnig einen 10 x 10 cm großen
Betonquader, der auf der Oberseite mit einer Messingplatte abschließt.
Diese Platte versieht er mit dem Schriftzug „Hier wohnte“ und dem Namen,
dem Geburtsjahr und dem Datum der Deportation der betreffenden Person.
Der Stein wird jeweils bündig in den Bürgersteig oder die Straße direkt
vor der Haustür zur letzten Wohnung des Betreffenden eingelassen. 1994
stellte Herr Demnig die ersten Stolpersteine zunächst in der
Antoniterkirche in Köln aus. 1995 verlegte er sodann die ersten Steine
probeweise, ebenfalls in Köln. 1996 setzte er im Rahmen des Projekts
„Künstler forschen nach Auschwitz“ in Berlin 55 Steine. Seither hat er
weit über 3000 Steine in verschiedenen Städten, darunter Köln (1300
Steine), Duisburg, Düsseldorf, Flensburg, Freiburg, Hamburg, Rostock und
Stuttgart, verlegt. Auch in Mailand und Amsterdam gibt es mittlerweile
Stolpersteine. Selbst wenn er eine behördliche Genehmigung erhalten hat,
verlegt Herr Demnig Stolpersteine nur dann, wenn die heutigen
Hausbewohner keine Einwände haben. Das Projekt „Stolpersteine“ als Symbiose von Kunst und Mahnung ist nicht unumstritten. Gunter Demnig stellt sich immer wieder Diskussionen und verwendet viel Zeit darauf, dieses Projekt und die dahinter stehende Idee zu vermitteln. |
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